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nicht viel, denn wenn wir anfangen zu denken, bekommen wir
gleich Angst. Es ist eine unerklärliche Angst, es lohnt nicht, sie
in Worte zu fassen. Vielleicht ist es die Angst, abgewiesen zu
werden, nicht angenommen zu werden, den Zauber zu
brechen. Es mag lächerlich sein, aber es ist so. Deshalb fragt
man nicht  man handelt. Man wagt s, wie du selber gesagt
hast.«
»Ich weiß. Früher habe ich auch nie gefragt.«
»Mein Herz besitzt du schon«, antwortete ich, indem ich so tat,
als hätte ich seine Worte nicht gehört. »Morgen kannst du
gehen, und wir werden uns immer an das Wunder dieser Tage
erinnern. Die romantische Liebe, die Möglichkeit, den Traum.
Aber ich glaube, in seiner unendlichen Weisheit hat Gott die
Hölle mitten im Paradies versteckt. Damit wir immer wachsam
bleiben. Damit wir, wenn wir die Freude der Barmherzigkeit
erleben, Gottes Strenge nicht vergessen.«
Seine Hände streichelten mein Haar nun kräftiger.
»Du lernst schnell«, sagte er. Ich wunderte mich über das, was
ich gesagt hatte. Doch wenn du dein eigenes Wissen
akzeptierst, wirst du am Ende wirklich wissend sein.
»Ich bin nicht prüde, habe mich nie geziert«, sagte ich. »Ich
habe schon viele Männer gehabt. Ich habe schon mit
Wildfremden geschlafen.«
»Ich auch«, antwortete er.
Er versuchte, unbefangen zu wirken, doch an der Art, wie er
meinen Kopf berührte, merkte ich, daß das, was ich gesagt
hatte, ihm zu schaffen machte.
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»Seit heute morgen jedoch habe ich auf wundersame Weise
meine Jungfräulichkeit wiedererlangt. Versuch nicht, es zu
verstehen, nur eine Frau weiß, was ich meine. Die Liebe war
wieder da, doch sie ganz zu erfassen braucht Zeit.«
Er nahm seine Hände von meinem Haar und berührte mein
Gesicht. Ich küßte ihn leicht auf die Lippen und kehrte in mein
Bett zurück.
Ich wußte selbst nicht recht, warum. Mir war nicht klar, ob ich
ihn damit nur mehr an mich binden oder ihm seine Freiheit
geben wollte.
Doch der Tag war lang gewesen. Ich war zu müde, um noch
weiter darüber nachzudenken.
Ich erlebte eine Nacht unendlichen Friedens. Irgendwann hatte
ich in einem Zustand zwischen Wachsein und Traum das
Gefühl, daß mich ein weibliches Wesen in seine Arme nahm,
und es war, als kennte ich es schon immer, denn ich fühlte
mich beschützt und geliebt.
Um sieben Uhr wachte ich auf, in einem stickig heißen Zimmer.
Mir fiel wieder ein, daß ich wegen der nassen Wäsche die
Heizung voll aufgedreht hatte. Es war noch dunkel, und ich
kletterte leise aus dem Bett, um ihn nicht zu wecken.
Doch da sah ich, daß er nicht mehr da war.
Panik überfiel mich. Die Andere war sofort wieder da und
höhnte: : Siehst du? Kaum gibst du nach, da haut er ab. Wie
alle Männer.9
Meine Panik wuchs mit jeder Minute. Ich durfte die Fassung
nicht verlieren. Die Andere aber ließ nicht locker.
: Ich bin noch da9 , sagte sie. : Du hast zugelassen, daß der Wind
sich gedreht hat, du hast die Tür geöffnet, und nun hat die
Liebe dein Leben mitgerissen. Aber wenn wir jetzt schnell
handeln, bekommen wir alles wieder in den Griff.9
Ich mußte etwas Handfestes tun. Vorkehrungen treffen.
: Er ist weg9 , fuhr die Andere fort. : Du mußt sehen, wie du hier
vom Ende der Welt irgendwie wegkommst. Dein Leben in
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Saragossa ist von all dem noch unberührt: Lauf schnell wieder
zurück. Bevor du verlierst, was du dir mühsam aufgebaut hast.9
: Er wird seine Gründe gehabt haben9 , dachte ich.
: Die Männer haben immer irgendeinen Grund9 entgegnete die
Andere. : Tatsache aber ist, daß sie am Ende immer die Frauen
verlassen.9
Ich mußte also sehen, wie ich wieder nach Spanien zurückkam.
Der Kopf muß immer etwas zu tun haben.
: Sehen wir einmal die praktische Seite: das Geld9 , sagte die
Andere.
Ich besaß keinen Centavo. Ich würde hinuntergehen, ein R-
Gespräch mit meinen Eltern führen und warten müssen, bis sie
mir das Geld für die Rückfahrt schickten. Doch heute war
Feiertag, und das Geld würde erst morgen kommen. Wie sollte
ich etwas zu essen bekommen? Wie sollte ich den
Hausbesitzern erklären, daß sie zwei Tage warten mußten, bis
ich sie bezahlen konnte?
: Am besten gar nichts sagen9 , antwortete die Andere. Ja, sie
hatte Erfahrung, sie wußte, was in solchen Situationen zu tun
war. Sie war kein verliebtes Mädchen, das die Fassung verliert,
sondern eine Frau, die immer weiß, was sie vom Leben will. Am
besten blieb ich einfach hier, als wäre nichts geschehen, als
würde er wiederkommen. Und wenn das Geld käme, würde ich
meine Schulden bezahlen und abreisen.
: Ausgezeichnet9 , sagte die Andere. : Allmählich wirst du wieder
du selbst. Sei nicht traurig  irgendwann wirst du schon einen
Mann treffen. Einen, den du ohne Risiko lieben kannst.9
Ich nahm meine Wäsche von der Heizung. Sie war trocken. Ich
mußte herausbekommen, in welchem Städtchen es hier eine
Bank gab und wo man telefonieren konnte. Solange ich mich
beschäftigte, war für Tränen und Sehnsucht keine Zeit.
Da entdeckte ich einen Zettel, den er für mich geschrieben
hatte:
Bin ins Seminar gefahren. Pack Deine Sachen. Wir fahren
morgen nach Spanien. Bin nachmittags wieder zurück.
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Und am Ende stand: Ich liebe Dich.
Ich preßte den Zettel ans Herz, fühlte mich zugleich elend und
erleichtert. Ich spürte, wie die Andere völlig überrumpelt in sich
zusammenschrumpfte.
Auch ich liebte ihn. Mit jeder Minute, mit jeder Sekunde wuchs
diese Liebe und veränderte mich. Ich hatte wieder Vertrauen in
die Zukunft und erlangte  ganz allmählich  wieder den
Glauben an Gott zurück.
Alles wegen der Liebe.
: Ich will nicht mehr mit meinen eigenen dunklen Seiten reden9 ,
versprach ich mir selbst, indem ich der Anderen endgültig Tür
und Tor verschloß. : Ein Sturz aus dem dritten Stock ist
genauso schlimm wie einer aus dem hundertsten. Wenn ich
schon fallen soll, dann lieber aus allerhöchster Höhe.9
»Sie sollten nicht schon wieder ohne Frühstück aus dem Haus
gehen«, sagte die Frau.
»Ich wußte gar nicht, daß Sie Spanisch sprechen«, antwortete
ich überrascht.
»Die Grenze ist ganz in der Nähe. Im Sommer kommen die
Touristen nach Lourdes. Ohne Spanischkenntnisse würde ich
keine Zimmer vermieten.«
Sie bereitete Toast und Kaffee zu. Ich begann mich innerlich
auf diesen Tag vorzubereiten; jede einzelne Stunde würde mir
wie ein Jahr vorkommen. Hoffentlich lenkte mich dieses
Frühstück ein wenig ab. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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